JOHANN CHRISTOPH SIEDENSCHNUR

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Der Entstehungsprozess meiner Bilder teilt sich auf in drei scheinbar sich widersprechende Phasen.

In der ersten Phase entstehen automatistische, kleinformatige Zeichnungen, oft nicht größer als eine Briefmarke. Diese Zeichnungen beinhalten vorwiegend Formen aus der Imagination und doch sind es Grundelemente, die uns im großen „Naturtheater“ überall begegnen. Diese Formen, oft raumillusionistisch ausgearbeitet, zerlege ich, verbinde sie neu, um sie umgehend wieder zu zerstören. Wobei ich darauf achte, Zweideutigkeiten zu erhalten, was nicht immer gelingt. Hier befinde ich mich auf der Grenze zwischen Bewusstem und Unbewusstem. Nie ist mir wirklich klar was ich zeichne, doch weiß ich immer, wie ich es zu zeichnen habe. Dabei verwandeln sich die kleinformatigen Arbeiten in meiner Vorstellung oft in großflächige Werke und die Bewegung des Bleistiftes oder Tuschefüllers auf dem Papier wächst in der Phantasie zum gestischen Schwung des ganzen Armes.

- Das Leugnen einer geistigen Verwandtschaft zu einigen Vertretern der surrealen wie der informellen Weltanschauung wäre sinnlos. Jedoch fühle ich mich keiner künstlerischen Gruppierung zugehörig. -

Zu Beginn der zweiten Arbeitsphase vergrößere ich die Zeichnungen und übertrage sie auf Holzfaserplatten (MDF). Dieses kann sowohl akribisch als auch großzügig und nur andeutungsweise geschehen. Mit Hilfe von Schnitzeisen, Fräsen und Schleifmaterial erhalten die Vorzeichnungen nun ihre reale, räumlich Tiefe. Es entsteht ein Relief.

Zwar ist dieser handwerkliche Prozess mühevoll und langatmig, jedoch in seiner teilweise gebetsmühlenartigen Monotonie unerlässlich für mein Werk.

Der nun folgende mehrfach lasierende Farbauftrag, die dritte Phase, dient nicht allein der Färbung des Reliefs, sondern vor allem der Sichtbarmachung und Betonung der strukturierten Oberfläche. Die Farbe lässt, einer umgekehrten Frottage ähnlich, auch kleinste Unebenheiten hervortreten und steigert die Illusion der Tiefe. Das abschliessende Auftragen von Schellack verstärkt diesen Eindruck und verleiht dem Bild je nach Lichteinfall einen differenten Charakter.

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